Was versteht man unter Crew Resource Management – CRM?
Unter Crew Resource Management versteht man die Berücksichtigung menschlicher Faktoren bzw. die Schulung der sogenannten „Soft skills oder nicht technischen Fähigkeiten“, etwa zur Verbesserung der Teamarbeit [1].
Weshalb ist das Training von Soft skills im Rettungsdienst wichtig?
Fehler in der Patientenversorgung entstehen oft unter Zeitdruck und schwierigen Bedingungen. Präklinische Notfallsituationen sind hierfür prädestiniert. Deshalb ist das Training der Soft skills wie z.B. die Situationsaufmerksamkeit, Entscheidungsfindung, das Aufgabenmanagement, die Übernahme von Leadership oder eine effektive Kommunikation, sehr wichtig. Soft Skills können die Handlungssicherheit in Notfallsituationen erhöhen bzw. Risiken minimieren [2].
CRM Schulungsprogramm der Rotkreuz Akademie Tirol
2019 wurde von Seiten der RK-Akademie Tirol ein 8-stündiges CRM-Schulungsprogramm verpflichtend für alle Mitarbeitenden im Rettungsdienst Tirol implementiert. Pro Bezirk wurden dazu Trainer als Multiplikatoren ausgebildet [3].
Hierbei wurden wichtige CRM-Inhalte gelernt wie: der Faktor Mensch [1, 4], Teamwork nach den 15 CRM-Leitsätzen nach Rall & Gaba [2], Methoden wie Team-Time-Out (10-Sekunden-für-10-Minuten-Prinzip), die strukturierte Entscheidungsfindung (FOR-DEC) [2], die sichere und effektive Kommunikation in Notfallsituationen (ISBAR) [5], das Prinzip Speak-up [6] oder Kriterien zum Debriefing als standardisierte Einsatznachbesprechung [7], siehe Abb. 1.

Dauerhafte Sicherheit durch CRM-Coaches in der Praxis
Nach diesem CRM-Schulungsprogramm war es dem Roten Kreuz Kitzbühel ein Anliegen, die CRM-Multiplikatoren durch ein weiteres Training am Flugsimulator der Firma „AssekuRisk Safety Management, Wien“ zu CRM-Coaches auszubilden [4]. Im Mittelpunkt der vertiefenden Ausbildung standen die 15 CRM-Leitsätze von Rall & Gaba [2], das CRM-konforme Debriefing und das praktische Training der erlernten Fertigkeiten.
Ebenso wurde ein standardisiertes Coaching-Protokoll zur Beurteilung der Mitarbeitenden entwickelt, siehe Tab. 1.
Tab. 1: CRM Coaching Protokoll Rotes Kreuz Kitzbühel | Mitarbeiter:in | Beurteilung | ||||
1 Kenne Deine Arbeitsumgebung | SEF* | TF* | 1 | 2 | 3 | 4 |
Handhabung der Geräte | ||||||
Qualifikation im Team (Verwendung der Soft Skills) | ||||||
2 Antizipiere und plane voraus | SEF | TF | 1 | 2 | 3 | 4 |
Erkennt mögliche und zukünftige Entwicklungen | ||||||
Erwägt verschiedene Lösungsansätze | ||||||
3 Fordere Hilfe an – lieber früh als spät; mobilisiere alle verfügbaren Ressourcen (Personal und Technik) | SEF | TF | 1 | 2 | 3 | 4 |
Beachtet die Situation im Team (Quantität/Qualität) sowie verfügbare externe Ressourcen | ||||||
Nimmt (externe) Hilfe wahr, akzeptiert und fordert diese nach | ||||||
4 Verteile Arbeitsbelastung im Team | SEF | TF | 1 | 2 | 3 | 4 |
Verteilt die Aufgaben im Team und extern | ||||||
Wendet das 10 für 10 Prinzip an; behält den Überblick | ||||||
5 Übernimm die Führungsrolle | SEF | TF | 1 | 2 | 3 | 4 |
Verschafft sich Überblick, sammelt Informationen | ||||||
Trifft Entscheidungen und kommuniziert diese klar | ||||||
6 Sei ein gutes Teammitglied, mit Beharrlichkeit | SEF | TF | 1 | 2 | 3 | 4 |
Bietet Hilfe an, arbeitet aktiv mit, gleicht Fehler aus | ||||||
Gibt Feedback (Problemstellungen, Unklarheiten) | ||||||
Speak up! | ||||||
7 Kommuniziere sicher und effektiv – sag, was Dich bewegt | SEF | TF | 1 | 2 | 3 | 4 |
Gibt klare, kurze, einfache, verständliche, direkte Anweisungen | ||||||
Führt Closed loop Kommunikation durch | ||||||
Nimmt externe Vorschläge, Inputs auf | ||||||
Bemerkungen, Verbesserungsvorschläge | ||||||
*SEF – Sicherer Einsatzfahrer; *TF - Transportführer |
CRM-Coach im Einsatz
Jeder hauptamtliche Mitarbeitende sollte nunmehr 1 Mal jährlich ein CRM-Coaching erhalten. Um dies zu bewerkstelligen, fährt der CRM-Coach bei einer 8h-Schicht mit einem RTW-Team mit und bewertet die Einsätze laut CRM-Coaching Protokoll. Im Rahmen eines Debriefings am Ende der Dienstschicht werden die Ergebnisse besprochen und Verbesserungsvorschläge diskutiert.
Die Ziele des CRM Coachings sind:- Erhöhung der Patientensicherheit durch die Standardisierung von Handlungs- und Kommunikationsabläufen.
- Implementierung einheitlicher Informationsflüsse im Team, insbesondere beim Zusammentreffen verschiedener und mehrerer Rettungsmittel vor Ort.
- Verbesserung der Entscheidungsfindung bei rettungsdienstlichen Einsätzen und im Krankentransport.
- Erhöhung des Situationsbewusstseins mittels Reduktion von Missverständnissen während laufender Einsätze.
Wichtige Ergebnisse aus dem CRM-Coaching nach zwei Jahren Laufzeit
- Die Entscheidungsfindung im Team wurde verbessert, die Sichtweise von Zivildienern und externen Helfern wurde besser integriert.
- Im Fokus des Leitsatzes „kenne Deine Arbeitsumgebung“ wurde dem Fahrzeugcheck eine höhere Bedeutung beigemessen.
- Die Kommunikation im Team entsprach häufiger dem Leitsatz: „sag was dich bewegt, wichtig ist, was richtig ist, nicht wer Recht hat.“
Folgende drei Aspekte wurden positiv hervorgehoben
- Das Coaching bezieht sich explizit auf die CRM-Leitsätze und stellt keine Überprüfung der fachlichen Kompetenzen dar.
- Die Coaches agieren im Einsatz ausschließlich als CRM-Trainer, womit CRM-Methoden einen höheren Stellenwert erhalten.
- Das abschließende Debriefing steigert jedenfalls den Erkenntnisgewinn.
Literatur
- St.Pierre M, Hofinger G (2014) Human Factors und Patientensicherheit in der Akutmedizin. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 3. Auflage.
- Rall M, Langewand S (2016) Für bessere und sicherere Zusammenarbeit: Crew Resource Management (CRM) im Rettungsdienst. In: A. Neumayr et al. (Hrsg.), Risikomanagement in der prähospitalen Notfallmedizin, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 21–36.
- Laiminger A (2019) Implementierung von Crew Resource Management im Rettungsdienst Tirol. In: Neumayr et al. (Hrsg.) CIRS im Rettungsdienst. Umgesetzte Maßnahmen und Lernpotentiale. Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht, 264–276.
- Koppenberg J (2016) Der Faktor Mensch – Human Factors. In: Neumayr A, Baubin M, Schinnerl A (Hrsg.) Risikomanagement in der prähospitalen Notfallmedizin. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 15–20.
- Rossi R (2020) Konzepte für eine strukturierte Patientenübergabe. Notfall Rettungsmed, 23: 93–98. doi:10.1007/ s10049-019-0599-8
- Schwappach D, Häsler L, Peter S (2018) Speak Up verbessert die Patientensicherheit. Pflegen: palliativ 39:15–17.
- Kranz K, Sandmeyer B (2018) Debriefing Assessment – Qualitätssicherung im Debriefing. In: Neumayr et al. (Hrsg.) Zukunftswerkstatt Rettungsdienst. Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature, 37–49.