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Freitag, 8. April 2016
09:30 – 11:00 Datenmanagement als Instrument zur Patientensicherheit
Notfallmedizin - Kennzahlen und Qualitätsindikatoren - wozu?
Univ. Prof. Dr. Michael Baubin, MSc, FERC, QM-Beauftragter ÄLRD-Team, Bereichsoberarzt Notfallmedizin, Medizinische Universität Innsbruck
Der erste Tiroler Benchmarkbericht über das 1. Halbjahr 2015 liegt vor. Die 13 Tiroler NEF-Stützpunkte werden anhand von 16 einsatztaktischen Kennzahlen und 12 medizinischen Qualitätsindikatoren miteinander in anonymisierter Form vergleichend dargestellt. Auf Expertenbasis festgelegte Zielerreichungsgrade der medizinischen Qualitätsindikatoren definieren die „Höhe der erreichbaren Latte“. Jeder Stützpunktverantwortliche kann nun die eigenen Stärken und Schwächen im graphischen Vergleich erkennen und wo notwendig, optimierende Maßnahmen setzen. Ziel ist es, Diskussionen über die Ergebnisse auszulösen und kontinuierlich die Versorgungsqualität zu verbessern.
Car-PC, Datenmanagement und Qualitätskontrolle
Dr. Adolf Schinnerl, ÄLRD des Landes Tirol
Zwei Voraussetzungen für eine effiziente Qualitätskontrolle durch den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst sind entscheidend: Die einheitliche landesweite Alarmierung des Rettungsdienstes durch die Leitstelle Tirol und die einheitliche Dokumentation der rettungsdienstlichen Einsätze. Die einheitliche landesweite Alarmierung wurde in den Jahren 2011 und 2012 umgesetzt. Die einheitliche Dokumentation war durch Einführung eines mobilen Bordcomputers (Car-PC) vorgesehen. Diese Einführung war mit 2012 geplant, verzögerte sich jedoch aufgrund der Größe und der Diffizilität des Projektes. Im zweiten Halbjahr 2015 konnte an 3 Notarztstützpunkten die ärztliche Dokumentation am Car-PC eingeführt und ausführlich erprobt werden. Mit 1.1.2016 kamen weitere Stützpunkte dazu, seit 1.2.2016 wird an allen durchgehend besetzten 12 NEF-Stützpunkten im Land Tirol das Notarztprotokoll am Car-PC genützt. Erste Kennzahlen aus dieser einheitlichen Protokollierung können jetzt präsentiert werden.
Datenmanagement zur Qualitätssicherung in der Leitstelle Tirol
Mag. Bernd Noggler, Geschäftsführer der Leitstelle Tirol
Das Datenmanagement der Leitstelle Tirol in Bezug auf die Qualitätssicherung umfasst alle an der Rettungskette beteiligten Partner der prähospitalen Notfallmedizin. Ein zentraler Fokus liegt dabei im internen Qualitätsmanagement. Im Vortrag werden die Datenerfassung und verschiedene Kennzahlen für die operativen Bereiche der Notrufabfrage und Disposition in der Leitstelle Tirol vorgestellt.
Datenmanagement im Rettungsdienst als Instrument zur Risikoerfassung
Andreas Karl, MSc, Geschäftsführer der Rotes Kreuz Tirol gem. Rettungsdienst GmbH
Rettungsmittel bedarfsgerecht und am richtigen Ort vorzuhalten, diese in weiterer Folge in einer adäquaten Zeit zum Einsatz zu bringen, um damit dem Patienten die angemessene Versorgung zu teil werden zu lassen, ist eine der wesentlichen Aufgaben der rettungsdienstlichen Organisation. Dies hat Auswirkungen auf den Einsatz von Personal, Fahrzeugen, Medizintechnik bis hin zu Gebäuden und deren Standorten. Dabei sind neben qualitativen auch ökonomische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Damit eine gute Planung durchgeführt werden kann, ist es notwendig, die Zahlen und Daten aus der Vergangenheit zu kennen. Um eine aktuelle, hochwertige und bedarfsgerechte Rettungsmittelvorhaltung gewährleisten zu können, ist die laufende Erhebung und Auswertung der Daten unabdingbar. Nur so ist eine Planung in die Zukunft möglich.
11:30 – 13:00 Hochrisikobereich Notfallmedizin. Der Faktor Mensch
Crew Resource Management: Schulungskonzept mit Fallbeispiel aus der Leitstelle Tirol
Mag. Barbara Mayr, MA, Leiterin Ausbildung und Qualität, Leitstelle Tirol
Andreas Maurer, Qualitätsmanagement, Leitstelle Tirol
Über 70% der Unfälle in der Luftfahrt sind auf menschliches Versagen zurückzuführen. Seit den späten 1970-er Jahren gibt es deshalb für Piloten Crew Ressource Management-Trainings mit dem Fokus auf Human Factors wie Teamkooperation, Kommunikation und Entscheidungsfindung. Auch Krankenhäuser, Rettungsdienste und Leitstellen sind „Hochzuverlässigkeitsorganisationen“; hier können Störungen der Abläufe fatale Folgen haben. Leitstellen- und Rettungsteams müssen unter großem Druck zuverlässig und fehlerfrei agieren, dabei sind Kommunikation und Kooperation essentiell. Die Leitstelle Tirol hat ein für den Leitstellenbereich adaptiertes CRM-Konzept entwickelt, wonach sie ihre Disponenten und Notrufexperten trainiert. Im Vortrag werden wesentliche Elemente der Human Factors dargestellt und anhand eines Realeinsatzes ein anschaulicher Praxisbezug hergestellt.
Die 15 Grundsätze des CRM. Nutzen und Trainingsmöglichkeiten
Dr. Marcus Rall, Notarzt und Experte für Patientensicherheit, InPASS Institut, Klinik für Anästhesie Kreiskliniken Reutlingen
Bis zu 70% aller Zwischenfälle haben ihre Ursachen nicht in mangelndem medizinischem Wissen, sondern im Bereich der sogenannten Human Factors (HF). CRM ist ein inzwischen bewährtes effektives Tool um die Folgen von HF-bedingten Fehlern zu reduzieren. Damit ist CRM ein wichtiges Konzept für mehr Patientensicherheit, das beispielsweise anhand der 15 CRM-Leitsätze in Teams etabliert werden kann. Damit CRM erfolgreich umgesetzt werden kann, muss es im Team erlernt und trainiert werden – idealerweise durch Simulations-Teamtrainings mit CRM-geschulten Instruktoren.
Risikomanagement-Ausbildungskonzepte im Rettungsdienst Tirol
Armin Laiminger, Trainer RK-Akademie, Aus- und Fortbildung Notfallsanitäter & Notfallkompetenzen, Tirol
Aktuell wird im Rettungsdienst Tirol Risikomanagement eingeführt. Neben klar definierten Abläufen, Risikomanagement-Beauftragten, einem „Critical Incident Reporting System“, braucht es zum systematischen Minimieren von Risiken vor allem eines, jeden einzelnen Mitarbeiter. Dieser muss sich möglicher kritischer Ereignisses bewusst werden und die Kompetenz besitzen, ein solches künftig zu vermeiden. Angepasst an die Qualifikation der Sanitäter wurden Aus- und Fortbildungskonzepte durch die Rotkreuz-Akademie Tirol erstellt. Diese werden vom Referenten im Vortrag vorgestellt.
Intervention bei Aggression und Gewalt
Bernhard Pichler, Gruppeninspektor, Landeseinsatztrainer, Landespolizeidirektion für Tirol
Es wird anhand eines praktischen Beispiels versucht, Betroffene, hier im speziellen Einsatz- bzw. Rettungskräfte, über grundlegende Verhaltensweisen zu informieren. Die Informationen sollen im Umgang mit aggressiven und gewaltbereiten Menschen das Risiko für alle Beteiligten minimieren. Zudem dienen die vorgestellten Verhaltensmuster als Grundlage für verschiedenste Aufgabenbereiche, in denen es notwendig ist, präventiv zu agieren und zu intervenieren.
14:30 – 16:00 Simulationstraining in der Notfallmedizin
Erfahrung des Alterns
Albin Thaler, Bezirksausbildungsleiter, Österreichisches Rotes Kreuz, Freiwillige Rettung Innsbruck
Der demographische Wandel bewirkt eine kontinuierliche Zunahme von älteren Patienten im Rettungsdienst. Um sich auf diese Situation entsprechend einzustellen, wird bei den Ausbildungsseminaren für Rettungsdienstmitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst Innsbruck ein Alterssimulationsanzug verwendet. Dieser wird mit Hilfe eines Probanden vorgestellt.
Curriculare Simulationstrainings – konzeptionelle und organisatorische Möglichkeiten und Grenzen
Dr. Joachim Koppenberg, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Unterengadin, Chefarzt Anästhesiologie, Ospidal - Gesundheitszentrum Unterengadin, Scuol
Simulationsbasiertes Lernen wird im Rahmen der künftigen Aus-, Fort- und Weiterbildung von medizinischem Personal eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Zahlreiche Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese Lernmethode in den für die Patientensicherheit besonders wichtigen Bereichen Human Factors und Sicherheitskultur erfolgreich zum Einsatz kommen könnte. Eine flächendeckende Umsetzung scheitert aktuell jedoch an der Finanzierung. Dieses Problem könnte sich künftig durch politische Vorgaben und am ehesten durch haftpflichtrelevante Entwicklungen lösen.
Geburtshilfliches Simulationstraining in der Präklinik - Sinn oder Unsinn?
Dr. Markus Thaler, DESA, Oberarzt Anästhesie, stv. Leiter NEF-Stützpunkt Telfs
Simulation in der Medizin, vor allem in hoch spezialisierten Teilbereichen wie Notfall-, Intensivmedizin und Schockraumversorgung, ist in der Aus- und Fortbildung von Teams nicht mehr wegzudenken. Ob die bisher gemachten Erfahrungen und Ausbildungsprogramme auch für geburtshilfliche Notfälle in der Präklinik umsetzbar sind, versucht der Referent in seinem Vortrag zu beantworten.
Simulationstraining in Notaufnahmen. Eine notwendige Methode.
Prim. Dr. Eugen Ladner, Ärztlicher Direktor, Leiter der Abteilung für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizin, Bezirkskrankenhaus Reutte
Dem Bezirkskrankenhaus Reutte in Tirol, einer dezentral gelegenen Krankenanstalt, kommt in der Vorhaltung einer Zentralen Patientenaufnahme (ZPA) eine besondere Bedeutung zu. Kernstück dieser Aufnahme ist der Schockraum. Mit dem Umbau der ehemaligen Unfallambulanz in die ZPA und vor allem durch die Einbindung des Personals dieser ehemaligen Ambulanz in die Notfallbetreuung waren diverse Schulungen, vor allem auch ein inhouse Simultionstraining notwendig. Die deutlich angestiegenen Patientenfrequenzen, vor allem bei den traumatologischen Notfällen zeigen den richtigen Weg auf.
16:30 – 18:00 Ethik und Recht in schwierigen Einsatzsituationen
Interkulturelle Notfallmedizin - praktisch erlebt
Eva Lechleitner, Bereichsleiter-Stellvertreterin MHDA Tirol, Einsatzleitung Flüchtlingshilfe
Die medizinische Betreuung von Patienten mit Migrationshintergrund stellt alle Beteiligten vor neue Herausforderungen. Dies gilt aufgrund der aktuellen Flüchtlingssituation besonders für den prähospitalen Bereich. Anhand von Fallbeispielen sollen einige wichtige Aspekte beleuchtet und mögliche Lösungsansätze erörtert werden.
Rechtsmedizinische Aspekte bei Kindesmisshandlung
Univ. Prof. Dr. Marion Pavlic, Institut für Gerichtliche Medizin, Med. Universität Innsbruck, Anlaufstelle für Gewaltopfer, Mitglied der Kinderschutzgruppe, Tirol-Kliniken, Innsbruck
Medizinische Einsätze bei Kindern sind per se eine besondere Herausforderung für die erstbehandelnden Personen. Wann aber muss auch an eine physische Misshandlung gedacht werden? Welche Verletzungsmuster sind dafür typisch? Was kann und was muss getan werden, wenn sich ein solcher Verdacht ergibt? Das Vorgehen im interdisziplinären Team erleichtert die Entscheidungsfindung beim weiteren Vorgehen zum Schutz des Kindes.
Reanimationsentscheidungen in der notärztlichen Praxis
Dr. Klaus Hellwagner, PLL.M., Facharzt für Anästhesiologie, Notarzt, Akad. Health Care Manager, Vorstandsmitglied ÖGERN, Wien
Notärztinnen und Notärzte entscheiden fast täglich über die Indikation zur Einleitung einer Reanimation bzw. deren Unterlassung. Es ist eine der verantwortungsvollsten und im Unterlassungsfall endgültigsten Entscheidungen, die eine Notärztin bzw. ein Notarzt zu treffen hat. Welche Kriterien führen zur Entscheidung? Was sagen Studienlage und ERC Guidelines? Gibt es eine evidenzbasierte Entscheidung? Was sagt die Rechtslage? Im Vortrag wird versucht, eine möglichst praxisnahe Antwort zu geben.
Der juristische Notfallkoffer – auch ein Instrument für die Präklinik?
Senatsrat Dr. Leopold-Michael Marzi, Leiter der Stabsstelle Recht im AKH Wien
Wo immer medizinische Behandlung stattfindet, sind Fehler und Schäden nicht auszuschließen. Die bloße Tatsache, dass das gewünschte Ergebnis nicht erreicht wurde, bedeutet aber noch lange nicht, dass irgendjemand schuldhaft und daher vorwerfbar gehandelt hat. Es ist in allen Phasen medizinischer Betreuung und für alle Berufsgruppen des Gesundheitswesens wichtig, in einem möglichen Schadensfall rund um die Uhr rasch rechtliche Hilfe und Beratung zu bekommen, um nicht unnötig berufliche und persönliche Nachteile zu erleiden. Der “juristische Notfallkoffer” wäre auch präklinisch einsetzbar.