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Samstag, 9. April 2016
09:00 – 10:30 Risikomanagement-Methoden
Algorithmen, Checklists, Memocards, Fallbesprechungen - notwendig und sinnvoll oder einfach nur lästig?
Dr. Marc Lüthy, Ärztlicher Leiter Sanität Basel, Rettung Basel-Stadt und Kaderarzt Anästhesiologie, Universitätsspital Basel
Im Stress und unter Zeitdruck werden manchmal die einfachsten Dinge schwierig; und Notfallpatienten im Rettungsdienst zu versorgen, gehört nun wirklich nicht zu den einfachsten Dingen. Um genau diese manchmal komplexen Notfallpatienten optimal zu versorgen, muss zum einen vor Ort effizient, korrekt und nach Guidelines vorgegangen werden, zum anderen aber auch aus Fehlern und schwierigen Situationen die richtigen Lehren gezogen werden. Algorithmen, Checklisten, StandardOperationProcedures (SOPs) oder Team-Time-Out, Feedback und Fallbesprechungen können genau dies ermöglichen.
Der Notfallprozess - Zufall, Irrtum, Risiko
Prim. Dr. Johann Kainz, MSc, MBA, Leiter Anästhesie und Intensivmedizin, LKH Hochsteiermark, Bruck an der Mur
Entscheidungen rasch treffen zu müssen, fördert die Anfälligkeit für fehlerhafte Vorgänge. Die Notfallmedizin steht daher im Fokus der Risikoevaluation. Verschiedene Fehleranalysesysteme ermöglichen es zu skizzieren, wo im (Notfall)Prozess mögliche Irrtümer auftreten können. Ein entsprechend weit gefasster Blick verhilft dazu, Risiken zu erkennen, die zunächst nicht ins Auge springen, möglicherweise aber eine hohe Risikopotenz haben. Humanfaktoren stellen die größte Risikoquelle dar. Algorithmen, Checklisten und Teamtrainings können effektive Maßnahmen zur Risikoreduktion sein.
Systematische Analyse kritischer Ereignisse – das London Protokoll
Prof. Dr. Dipl. Kfm. Reinhard Strametz, Professur Medizin für Ökonomen, Wiesbaden Business School, Wiesbaden
Behandlungsfehler sind häufig nicht die Schuld Einzelner, sondern basieren auf systemischen Mängeln in Organisationen und Prozessabläufen. Die Analyse dieser Zwischenfälle mit dem London-Protokoll schafft ein tieferes Verständnis für die zugrundeliegenden Mechanismen und Ursachen und ermöglicht die Ableitung konkreter und wirksamer Präventionsmaßnahmen. Anhand eines konkreten Schadensfalls aus der präklinischen Notfallversorgung eines Patienten werden Prozessablauf und Nutzen des London Protokolls dargestellt.
Risikoassessment - der Blick auf und in die Praxis
Martin Meilwes, BHC, MSc, Risikoberater & Assessor, Gesellschaft für Risiko-Beratung mbH, Detmold
Das praxisorientierte Risikoassessment in der präklinischen Notfallmedizin ermöglicht eine frühzeitige Identifikation risikobehafteter Tätigkeiten und Prozesse und kann so zur prospektiven Schadenprävention und zur effektiven Verbesserung der Patienten- und Mitarbeitersicherheit genutzt werden. Grundlage des Risikoassessments sind u. a. differenzierte Schadenfallanalysen, die Berücksichtigung von Expertenwissen und die Beachtung der spezifischen gesetzlichen Bestimmungen.
11:00 – 12:30 Fallbesprechung – Alpineinsatz Polytrauma
Die Besonderheiten des Bergrettungseinsatzes
Markus Isser, DGKP Anästhesie, Medizinreferent Bergrettung Tirol
Bergrettungseinsätze sind sehr komplex. Eine besondere Herausforderung stellt die Zusammenarbeit unterschiedlicher Organisationen im oft unwegsamen Gelände dar. Anhand eines Fallbeispiels wird in diesem Block der Einsatz aus der Sicht der beteiligten Organisationen von der Alarmierung bis zur Behandlung im Krankenhaus vorgestellt und diskutiert.
Alarmierung und Einsatzortfindung im alpinen Gelände
Robert Baumann, Disponent im Team Notfallrettung, Leitstelle Tirol
Klemens Lackner, Disponent im Team Notfallrettung, Leitstelle Tirol
Die erste Frage unserer Mitarbeiter an den Anrufer ist immer: „Wo genau ist der Einsatzort?“ Ziel ist es, schnell eine Lokalisierung des Notfalls zu erhalten. Erst danach folgen Fragen nach Rückrufnummer, Name und Situationsbeschreibung sowie nach Symptomen im medizinischen Bereich. Anhand der Antworten entsteht ein Einsatzcode, auf dessen Basis die Alarmierung stattfindet. Parallel zum Telefonat mit dem Calltaker erfolgt die Alarmierung und Disposition der Einsatzkräfte durch das Dispositionsteam. Bei Bedarf betreut der Calltaker den Hilfesuchenden bis zum Eintreffen der Rettungskräfte und gibt Hinweise z.B. zur Überwachung der Atmung eines bewusstlosen Patienten oder zur korrekten Blutstillung. Der Vortrag beleuchtet welche Herausforderungen und Besonderheiten ein Alpinunfall für die Leitstelle darstellt.
Am Einsatzort "Nördliche Mörchenscharte"
Christian Eder, Ausbildungsbergführer, Ortsstellenleiter, Einsatzleiter, Bergrettung Ginzling
Ulrich Huber, Einsatzleiter, Bergrettung Ginzling, Bezirksleiter Bergrettung Bezirk Schwaz
Die Einsatzleiter der Bergrettung Ginzling berichten über den Ablauf der Rettungsaktion am Berg und den Transport ins Krankenhaus. Dargestellt werden die schwierigen Einsatzbedingungen vor Ort.
Der intrahospitale Krankheitsverlauf bis zur Entlassung
Dr. Tobias Roth, Oberarzt, Univ. Klinik für Unfallchirurgie, Landeskrankenhaus Innsbruck
Abschließend wird die Aufnahme im Schockraum der Klinik für Unfallchirurgie Innsbruck, therapeutische Maßnahmen und der weitere stationäre Verlauf bis zur Entlassung geschildert. Was ist gut gelaufen, was könnte optimiert werden?
14:00 – 15:30 Umsetzung konkreter Risikomanagement-Maßnahmen nach kritischen Zwischenfällen
Fehlerprävention beim Atemwegsmanagement basierend auf realen Zwischenfällen
PD Dr. Christian Hohenstein, FESEM, Leiter Zentrale Notfallaufnahme, stellv. Zentrumsdirektor, Universitätsklinikum Jena
Das Atemwegsmanagement allein ist immer wieder eine Herausforderung, die präklinische Notfallmedizin in all ihren möglichen Szenarien auch. Beides gleichzeitig und in unplanbaren Variationen zu beherrschen, erfordert theoretisches und praktisches Können. Welche Zwischenfälle in dieser Kombination in der Realität auftreten und worauf wir achten sollten, deckte die Datenbank von www.cirs-notfallmedizin.de auf. Der Vortrag beleuchtet die wirklichen Fallstricke des Atemwegsmanagements in der heutigen Zeit und die notwendigen Konsequenzen und Präventionsmöglichkeiten.
Maßnahmen zur Vermeidung kritischer Zwischenfälle beim Trauma
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Voelckel, MSc, Vorstand Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Unfallkrankenhaus Salzburg, Ärztlicher Leiter Christophorus Flugrettung
Das schwere Trauma hat die höchste Sterblichkeit in der ersten Stunde nach Klinikaufnahme. Damit hat die Qualität der Schockraumversorgung eine entscheidende Bedeutung hinsichtlich der Überlebenswahrscheinlichkeit. Die Schnittstellen Rettungsdienst-Schockraumteam und Schockraumteam-Intensivstation erfordern in diesem Kontext besondere Aufmerksamkeit. Zentrales Moment zur Vermeidung kritischer Zwischenfälle ist der fortlaufende Informationsabgleich zwischen allen beteiligten Fachkräften in der komplexen Schockraumphase, da hier dringliche Behandlungsmaßnahmen und diagnostische Interventionen typischerweise parallel erfolgen müssen.
Vermeidung von Fehlern beim Kindernotfall: Tipps und Tricks
Ass. Prof. Dr. Gudrun Burda, Leitender OA der Kinderintensivstation, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, AKH Wien
Der kindliche Notfall ist ein seltenes Ereignis und ist nicht nur für fachfremde Erstversorger sondern auch für Notärzte und Pädiater eine besondere Herausforderung . Rasches Treffen von Entscheidungen und der Anspruch auf kompetentes fachliches Handeln unter emotionaler Belastung sind die Basis für Überforderung und in Folge für Fehlleistungen. Anhand von kurzen Kasuistiken möchte ich auf die häufigste Fehlerquelle während eines Notfalls, die Medikamentengabe, eingehen und praxisnahe Vermeidungsstrategien anbieten und diskutieren.